Echt jetzt, noch ein Artikel über Feedback? Ist dazu nicht schon alles gesagt und geschrieben? Auch Mechthild Erpenbeck stellt fest: „Zu Feedback ist schon so viel gesagt worden, dass es einem gleichsam zu den Ohren rauskommt. Dennoch ist und bleibt Feedback das wichtigste Instrument, um Vertrauen zu ermöglichen.“ [1] Für das Thema Feedbackkultur werde ich immer wieder für Fortbildungen angefragt und schnell zeigt sich, dass eigentlich alle schon irgendwie wissen, wie das geht. Doch gleichzeitig wird in der Prozessbegleitung deutlich, wie schwer es ist, Feedback wirksam zu implementieren. Dabei begegnen mir immer wieder ähnliche Herausforderungen, um die es im Folgenden gehen soll. Allem Anfang wohnt …  eine Überwindung inne Wenn das Thema Feedback in einer Organisation bedeutsam wird, weil es Kommunikationsprobleme gibt, Einzelpersonen das Thema auf die Agenda setzen oder es sich ins Leitbild eingeschlichen hat ohne in der Realität gelebt zu werden, dann bilden Fortbildungen einen soliden Einstieg. Darin…

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Ein systemischer Ansatz für gelingende Beziehungen in würdevollen Räumen und Handlungssicherheit Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Begegnung mit der Systemischen Autorität. Zum Fachtag des Vereins Ein Dach für alle e.V. Jena stellte Dennis Haase vom IF Weinheim das systemische Elterncoaching vor. Ich war gleichzeitig begeistert und doch galt irgendwie gemäß Bertolt Brecht: “De[r] Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Mittlerweile bin ich Coachin für Neue Autorität (SyNA) und habe damit einen Ansatz gefunden, in dem ich Zuhause bin, mich privat und beruflich weiterentwickeln, für Werte, die mir wichtig sind, einstehen kann. Rückblickend lag die Irritation meiner ersten Begegnung nicht nur an der Kürze des Impulses, sondern auch daran, dass es Zeit für Entwicklung und Selbstreflexion brauchte, um die Haltungsaspekte, die dahinter stehen, zu verstehen. Der systemische Ansatz der Neuen Autorität, der ursprünglich in hocheskalierten Familiensystemen von Haim Omer und Arist von Schlippe entwickelt wurde, kommt mittlerweile…

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Ein besonders häufig angefragtes Weiterbildungsthema ist der grundsätzliche Umgang mit störendem Verhalten. Sei es als respektloser Umgang unter Kindern durch Beleidigungen oder Konflikte, Unterbrechungen des Unterrichts durch Unpünktlichkeit, Aufstehen, Zwischenrufe oder Verweigerung oder gewalttätiges Auftreten. Als ehemalige Lehrkraft kann ich mich lebhaft daran erinnern, wie ich diesbezüglich immer neue Erfahrungen gesammelt, Strategien mehr oder wenig erfolgreich erprobt und im Lehrerzimmer meine Sorgen geteilt habe. Mittlerweile komme ich in Schulen oder Kitas und biete dazu Seminare und Workshops an. Wahrscheinlich hätte ich ähnlich enttäuscht reagiert, wenn die Referentin mir damals gleich zu Beginn einer Veranstaltung gesagt hätte, dass sie DAS Rezept leide nicht habe und dass es keine einfache Lösung gibt. Wie sehr ist doch der Wunsch da, einen Weg zu finden, der nicht so viel Anstrengung kostet, vor allem dann, wenn es in verschiedenen Lerngruppen und in geballter Form auftritt. Wo fange ich an und wann kann ich für die…

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Kennst du das, wenn du ein Sachbuch liest und den Eindruck hast, dass du das perfekte Buch genau zum richtigen Zeitpunkt liest und du gerne den Autor:innen bei jeder zweiten Seite danken möchtest, weil sie genau die Fragen aufgreifen, die dich gerade beschäftigen? So ging es mir bei meiner Urlaubslektüre des 2. Buches von Danielle Graf und Katja Seide.[1] In den letzten Wochen hat unsere Tochter, bald 7, nicht nur ihren ersten Milchzahn verloren, sondern auch allerlei Entwicklungsschritte durchlebt, die sich eins zu eins im Buch wiederfinden. Sei es der vermehrte Wunsch nach mehr Autonomie (selbstständig das Brötchenfrühstück vorbereiten inklusive Gang zum Bäcker mit dem kleinen Bruder, alleine mit dem Fahrrad von der Kita nach Hause fahren etc.) oder das heimliche Mitnehmen von Spielzeug anderer Kinder: Im Buch von Danielle Graf und Katja Seide habe ich nicht nur interessante neurowissenschaftliche Informationen, sondern praktische Anregungen und ermutigende Impulse zu alltäglichen Situationen…

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Kinder ähneln ihren Eltern, ist das nicht verrückt? „Ich hatte gestern Elterngespräch mit den Eltern von Hannah. Nach 2 Minuten mit der Mutter war mir alles klar. Da brauchst du dich nicht wundern, warum Hannah sich so verhält!“ Nicht selten habe ich rückblickend nach Elterngesprächen ähnlich gedacht und es häufig von Kolleg:innen gehört. Im Subtext schwingt dabei einerseits Erleichterung mit, die (vermeintliche) Verhaltensursache erkannt zu haben, dass das Verhalten damit erklärbar scheint und ich als Pädagog:in nichts dafür kann. Gleichzeitig schwingt eine mitunter wenig wertschätzende Haltung gegenüber den merkwürdigen, eigentlich abzugewöhnenden Eigenheiten eines Kindes vice versa der Eltern mit. Dass Kinder ihren Eltern ähneln, liegt jedoch in mehrfacher Hinsicht in der Natur der Sache, nicht nur biologisch gesehen. Sorgeberechtigte und Kinder verbringen den Alltag miteinander, leben zusammen, wenn auch manchmal nur wochenweise. Gemäß traditioneller Lerntheorien lernen Kinder u.a. am Modell, also vor allem von den Menschen, mit denen sie zusammenleben…

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Das Klischee der Lehrperson als Einzelkämpfer:in hält sich wacker und wurde in einer 2018 veröffentlichten Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Schulakademie bestätigt. Die Mehrheit der Lehrer:innen bereiteten ihren Unterricht eher allein vor als im Team, was vor allem den Rahmenbedingungen geschuldet sei. Fehlende gemeinsame Präsenzzeiten und Räume erschweren eine Kooperation enorm. Trotz einiger sehr erfolgreicher Teamteachingformate oder Jahrgangsteams an Einzelschulen ist es immer noch an den allermeisten Regelschulen Standard, dass eine Lehrperson Unterricht, Elternabende, Gespräche mit Lernenden oder Eltern allein vorbereitet, hält und auswertet. Dabei gibt es zwar viele Pädagog:innen, die sich mehr Kooperation wünschen, ihr aber auch aus verschiedenen Gründen kritisch gegenüber stehen. „Das hier ist Krieg, den Sie jeden Tag neu gewinnen müssen.“ Die Metapher „Einzelkämpfer:in“ impliziert ein Rollenbild, in dem es darum geht, ein Gefecht zu gewinnen und ich frage mich, gegen wen. Kämpft die Lehrperson gegen die Schüler:innen? Gegen deren Unwissen? Gegen deren Übermacht? Gegen das…

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Ich gebe zu, dass mir der Begriff des Adultismus erst vor einigen Monaten begegnet ist, obwohl ich mit der Form des veräußerlichten und verinnerlichten Adultismus mehr als vertraut bin (Das ist erschreckend nach über 12Jahren im Schuldienst und 6 Jahren Studium!). Für alle, für die der Begriff an dieser Stelle neu ist, möchte ich ihn kurz erläutern. Adultismus ist eine Diskriminierungsform, bei der es eine Machtungleichheit und eine Ungleichbehandlung zwischen Kindern und Erwachsenen gibt. Adultistische Verhaltensweisen, Denkmuster und Äußerungen lassen sich wohl am einfachsten daran erkennen, dass wir sie bei Erwachsenen niemals so tätigen würden. „Muss ich dir alles dreimal sagen?“ Nun halte ich beim Schreiben bereits inne und gehe den gestrigen Tag mit meinen Kindern durch. Welche Sätze habe ich verwendet, die genau genommen eigentlich schon adultistisch sind? Ich stelle immer wieder mit Erschrecken fest, wie tief die adultistische Haltung doch sitzt, so sehr ich mich damit auch auseinandersetze…

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Beziehungslernen erscheint mittlerweile als ein fester Begriff und in den letzten Wochen ist er immer präsenter und greifbarer geworden. Beispielsweise in dem unglaublich spannenden Vortrag von Nina Bremm zur Fachtagung der DKJS zu Schulen in herausfordernder Lage, in dem nochmal ganz deutlich wurde, welchen Einfluss gelingende Beziehungen auf die Gesundheit aller Beteiligten haben. Sei es das virtuelle Lernatelier von Intushochdrei oder einfach nur der Hastag: Beziehungslernen ist nicht mehr wegzudenken. Nun stellt sich für die Praxis gleich viele Fragen: Wie kann ich im Rahmen des Regelschulsystems aktiv Beziehungslernen gestalten? Mit welchen Methoden und Gestaltungsmöglichkeiten kann ich im oft stressigen Schulalltag wirklich in Beziehung zu treten? Für mich ist die gewaltfreie Kommunikation dafür ein sehr praktisches Tool, denn sie liefert Haltung und konkrete Formulierungshilfe in einem. In der Podcastfolge #084 des Podcasts zur Zirkus- und Theaterpädagogik von und mit Mark Kitzig erläutere ich das Ganze etwas genauer.

In den letzten Tagen habe ich mich mit Vertreter:innen fast aller Beteiligten des Schulsystems ausgetauscht: Eltern, Lehrpersonen, Lernende, Schulleitungen. Dabei spielt es keine Rolle, mit wem ich gesprochen habe: Sie scheinen fast alle am absoluten Limit. Es eint sie ein Gefühl der Ohnmacht, Überforderung, Frust, Druck und Stress. Alle zerreißen sich und können doch niemals den Erwartungen gerecht werden. Schon beim Schreiben machen sich in mir Druck und Anspannung breit. Gleichzeitig werden auf den sozialen Netzwerken und Tageszeitungen Brandbriefe, Mahnungen, Analysen und Statistiken zum Thema Homeschooling, Distanzlernen und Digitalisierung in Schule geteilt. Mitunter scheint es ein PingPong-Spiel an Vorwürfen zu sein: Vorwurf an DIE SCHULE- Vorwurf an Politiker:innen- Vorwurf an DIE LEHRER- Vorwurf an DIE DA OBEN- Vorwurf an die Eltern- – Vorwurf an DIE JUGEND- Matchball- Vorwurf an Lernende- Vorwurf an DIE GESELLSCHAFT- Vorwurf an die Politiker:innen∞. Schon beim Schreiben machen sich in mir Druck und Anspannung breit. Ich…

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Im Anschluss an eine Hospitation wird eine Unterrichtsstunde gemeinsam mit der zukünftigen Lehrkraft in Bezug auf unterschiedliche Faktoren ausgewertet. Grundlage sollte dabei immer der wertschätzende Blick auf einen individuellen Entwicklungsprozess und die höchst unterschiedlichen Rahmenbedingungen sein (Verhältnis zur fachbegleitenden Lehrkraft, Einsatz an der Ausbildungsschule, private Umstände, Ausbildungskontext, Verhältnis zum Fachleiter/der Fachleiterin etc.). Auch wenn ich diese Gespräche nun nicht mehr führe, so höre ich mich doch noch so oft nach der ersten Stunde sagen: „Versuchen Sie, Ihre Rückmeldungen mehr zu variieren, auch mal durch Gestik und Mimik!“ Also versuchten die Referendar:innen dann in der Folgestunde variantenreicher zu loben : „ Très bien! Super! Correct! Voilà! C’est ҁa!“ und nickten und lächelten verhalten oder auch mal deutlicher. Während ich das hier aufschreibe, wird mir nochmal viel bewusster, wie absurd das eigentlich war. Ich würde heute diese Empfehlung nicht mehr so aussprechen, schon allein, weil wir als Berufseinsteiger:innen so viele Erwartungen erfüllen…

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10/21